MINERALIK - DAS SALZ IM WEIN!
Es gibt kaum einen Begriff der im Zusammenhang mit Wein so oft verwendet wird, wie "mineralisch" oder "salzig", doch was bedeutet das? Ist es dieser kristalline Niederschlag am Boden mancher Flasche? Nein, das ist Weinstein, zwar das Salz der Weinsäure, aber darum geht es hier nicht! Die Existenz von "Mineralik" im Wein ist heiß umstritten. Die einen sehen es als Quintessenz großen Weins, die anderen schütteln nur den Kopf und fragen: "Was soll denn das sein?".
Es geht um eine Bitterkeit im Wein, benennen es die Verfechter, die tänzelnd zwischen süß und salzig mäandert. Ähnlich dem Geschmack vom feinsten Fleur de Sel in Lösung. Vor allem im Abgang von Weinen ist sie zu finden - von ganz zart bis deutlich spürbar. Leicht umspielt von zestigen Aromen, wie Limetten- oder Grapefruitschalen. Manchmal auch von neutraleren Noten, wie Fenchel, getrocknete Kräuter oder frischem Heu. Die Aromatik hat sehr viel mit dem Ursprung der Weine zu tun. Ob kalkreiche Böden, oder eher Granit und Schiefer. Immer bilden die Fruchtaromen aber den Hintergrund, blitzen auf wie musikalische Thriller. Den treibenden Beat aber bringt das Spiel zwischen bitter und süß. Der Grad an "Mineralik" ist aber nur geschmacklich quantifizierbar, keine chemische Analyse kann erhöhte Werte an gelösten Mineralstoffen feststellen. Daran stoßen sich die Skeptiker. Denn was es nicht gibt, gibt es nicht!
Die anderen meinen, dass das Fehlen einer wissenschaftlichen Methode nicht bedeutet, dass es die Mineralik im Wein, die man doch so deutlich schmeckt, nicht gibt. So scheiden sich die Geister.
Aber was ist es dann, was da so schmeckt? Wenn man dazu den Ansatz der Homöopathie nutzt, kann man die Erklärung so finden, dass es die Information der Herkunft ist und dessen Potenz. Das riesen Kapillarsystem der Rebe namens Wurzel, befindet sich ja Kubikmeter tief im Medium Boden, das Substrat dessen ist das aufgenommene Wasser mit dessen Information. Desto höher der Anteil nun an zum Beispiel Kalk, desto kalkreicher fühlt sich der Wein an! Gewagte These? Musterbeispiele für mineralische Weine kommen aus Regionen in denen meterhohe Kalkschichten (Champagne, Chablis, Saumur), purer Granit (Elsaß, nördliche Rhone, Beaujolais) oder massive Schieferschichten (Mosel, Jura) vorkommen. Wenige Meter unterscheiden hier über komplett unterschiedliche Weinstile, da der Hang, karg und straff -"mineralisch", dort der Hangfuß fruchtbarer, breiter. Das spricht doch für die Theorie der Information, wenn sie analytisch doch komplett ident sind! Die Diskussion des Themas bezieht sich sehr oft fast ausschließlich auf Weißweine. Doch gerade Weine von der nördlichen Rhone zeigen einen merklichen und typischen Bitterton. So wird aus fruchtigem Syrah plötzlich ein karger, straffer und vibrierender Rotwein, der definitiv als "salzig" zu bezeichnen ist. Sehr spannend ist auch wie Oxidation, also der Ausbau von Wein unter Sauerstoffeinfluss, den Eindruck von "Salzigkeit" konzentriert. Ikone dieses Weinstils ist der Sherry. Eine Region mit extrem kalkreichen Böden, namens Albariza. Es gibt kaum einen salzigeren Geschmackseindruck als bei einem Glas trockenen Sherrys.
Der große Visionär im Weinbau aus dem Elsaß Patrick Meyer bringt in diese Diskussion noch eine weitere Dimension ein. Er spricht von Polarität. Böden richten ihre Teilchen wie in einem Magnetfeld aus. Vertikal oder horizontal. Daher sind deren Weine, wenn man sie als Essenzen dieses Mediums sieht, auch polarisiert. Weine von Böden kristallinen Ursprungs sind vertikal polarisiert, weil der Berg von der Erdmitte herkommt und sich gerne den Himmel ausrichtet. Ein Gedanke, der nicht von der Hand zu weisen ist, bekommt man doch bei "mineralischen " Weinen oft das Gefühl beim Trinken, dass sie sich eng und straff, von vorn nach hinten, ähnlich einem Strahl, am Gaumen ausbreiten. Sehr gut merkt man das bei Weinen aus den granitreichen Hanglagen des Elsaß, oder den Gamays aus dem Beaujolais. Im Gegensatz dazu sind Weine, die auf Böden organischen Ursprungs stehen, vertikal ausgerichtet und ergeben auch dieses Gefühl am Gaumen. Die Weine breiten sich oft wie ein Schwall über der ganzen Zunge und dem Gaumenbereich aus. Ein schönes Glas Burgunder ist nie so straff und hart, immer einladend rund. Desto kompakter der Boden, desto stärker der Eindruck. Desto besser das Leben im Boden, desto besser die Übertragung der Information. Das erklärt auch warum aus ein und derselben Lage, weniger oder schwächer expressive Weine entstehen.
Nächsten Donnerstag wollen wir der Mineralik frönen. Eine freudvolle Challenge und gute Möglichkeit dem Mysterium der Mineralik auf den Grund zu gehen.
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